Das Neurolinguistische Training von Alfred Korzybski

Alfred Korzybski ist eine faszinierende und oft unterschätzte Figur, wenn es um die historischen Wurzeln des Neurolinguistischen Programmierens geht und beeinflussten die Denker und Praktiker, die später NLP entwickelt haben.
Alfred Habdank Skarbek Korzybski wurde am 3. Juli 1879 als Alfred Władysław Augustyn Korzybski in Warschau (Polen) geboren.
Er gilt als der Pionier der allgemeinen Semantik. Diese Disziplin erforscht die Wechselbeziehungen zwischen Sprache, Denken und Verhalten. Korzybski war nicht nur ein talentierter polnischer Ingenieur, sondern auch ein engagierter Wissenschaftler, der in den frühen 1900er Jahren in die Vereinigten Staaten emigrierte und dort seine wegweisenden Ideen entwickelte.
Als Sohn einer polnischen Adelsfamilie wuchs er in der malerischen Umgebung von Warschau auf. Er beherrschte vier Sprachen fließend. Seine schulischen Erfolge in Polnisch und Russisch wurden durch den Unterricht seiner Gouvernanten in Deutsch und Französisch ergänzt. Diese sprachliche Vielfalt prägte seine philosophischen Werke stark.
Nach seinem Ingenieurstudium an der Universität Warschau wurde er während des Ersten Weltkriegs in die russische Armee eingezogen.
Dort erlebte er drei Verwundungen und wurde 1916 als militärischer Sachverständiger nach Nordamerika geschickt, um die Verschiffung von Artillerie nach Russland zu organisieren. Gleichzeitig war Korzybski mit einem intensiven Forschungs- und Studienprogramm beschäftigt, das führte ihn in die Arbeitsbereiche Psychologie, Neurologie und Linguistik.
Korzybski war auf der Suche nach neuen Erkenntnissen, doch er stellte schnell fest, dass er zunächst die bestehenden Konzepte sprachlich neu formulieren musste.
Je tiefer er in seine Studien eintauchte, desto mehr wurde ihm bewusst, wie eng und komplex die Verbindungen zwischen Wortsymbolen, dem menschlichen Nervensystem und der Sprache im Verhalten der Menschen sind.
Diese Einsichten faszinierten ihn und trieben ihn an, die Rolle der Sprache in unserem Leben besser zu verstehen.
Während seines Aufenthalts in Washington, D.C., traf er 1918 die amerikanische Künstlerin Mira Edgerly, die er kurz darauf heiratete. Obwohl er plante, nach dem Krieg nach Polen zurückzukehren, entschied er sich aufgrund der unsicheren politischen Lage, in den USA zu bleiben.
1920 veröffentlichte Korzybski sein erstes Buch, "Manhood of Humanity". Dieses Buch ist ein eindringliches und tiefgründiges Werk, das sich mit der menschlichen Natur, der Entwicklung des Denkens und der Bedeutung der Sprache auseinandersetzt. Korzybski argumentiert, dass die menschliche Fähigkeit zu denken und zu kommunizieren – besonders durch Sprache – das ist, was uns von anderen Tieren unterscheidet. Er beschreibt, wie unsere Fähigkeit, abstrakt zu denken und Symbole zu verwenden, uns die Möglichkeit gibt, nicht nur unsere Umwelt zu beeinflussen, sondern auch uns selbst zu transformieren. Diese Fähigkeit ist ein Schlüssel zu unserem Überleben und unserer Entwicklung als Spezies.
Korzybski untersucht die evolutionäre Entwicklung des Menschen und argumentiert, dass die Fähigkeit zu sprechen und zu abstrahieren einen entscheidenden Einfluss auf unsere soziale und kulturelle Entwicklung hatte. Er zeigt auf, wie diese Fähigkeiten es uns ermöglicht haben, komplexe Gesellschaften zu bilden und unser Wissen über Generationen hinweg zu bewahren. In diesem Kontext betont er die Verantwortung, die mit unserer sprachlichen Fähigkeit einhergeht: Wir sollten uns der Macht der Worte bewusst sein und lernen, sie konstruktiv zu nutzen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt von Korzybskis Argumentation ist die Verbindung zwischen Denken, Fühlen und Handeln. Er erkennt an, dass unsere emotionalen Zustände unsere Denkprozesse beeinflussen und umgekehrt. Durch die Arbeit an unserer Sprache und unserem Denken können wir unsere Emotionen besser verstehen und steuern, was zu einem gesünderen und ausgeglicheneren Leben führt.
Korzybski bietet praktische Ratschläge, wie Menschen ihre sprachlichen Fähigkeiten entwickeln und verbessern können, um ihre zwischenmenschlichen Beziehungen und ihre persönliche Entwicklung zu fördern. Er fordert die Leser auf, kritisches Denken zu üben, um ihre eigenen „Landkarten“ der Realität zu hinterfragen und zu erweitern.
„Manhood of Humanity“ ist ein kraftvolles Plädoyer für die Bedeutung der Sprache in unserem Leben und die Verantwortung, die mit unserer Fähigkeit, zu denken und zu kommunizieren, einhergeht. Korzybskis Werk ist nicht nur eine theoretische Abhandlung, sondern auch ein praktischer Leitfaden für persönliches Wachstum und soziale Verantwortung. Es lädt die Leser ein, sich mit ihrer eigenen Wahrnehmung und den Auswirkungen ihrer Worte auseinanderzusetzen, um ein bewussteres und erfüllteres Leben zu führen.
Insgesamt stellt das Buch einen bedeutenden Beitrag zur Philosophie und Psychologie dar und regt dazu an, über die komplexen Zusammenhänge zwischen Sprache, Denken und menschlicher Erfahrung nachzudenken.
1933 folgte "Science and Sanity", ein bahnbrechendes Werk über nicht-aristotelische Systeme und allgemeine Semantik. Hier integrierte er die wichtigsten sprachwissenschaftlichen Erkenntnisse seiner Zeit, Ansichten der analytischen Philosophie sowie biologische, neurologische und evolutionsbiologische Erkenntnisse zu einem therapeutischen Modell. Sein Konzept nannte er „Neurolinguistisches Training“.
„Science and Sanity“ ist Korzybskis bekanntestes Werk und legte die Grundsteine für Korzybskis Theorien über die Bedeutung der Sprache und ihren Einfluss auf unser Denken und Handeln. Er betonte, dass Sprache nicht nur ein Werkzeug zur Kommunikation ist, sondern auch unsere Wahrnehmung der Realität prägt.
Die Theorie der Allgemeinen Semantik basiert auf der Annahme, dass unsere Sprache und symbolische Darstellung die Realität verzerren und dass unsere Wahrnehmung der Welt stark durch diese sprachlichen Begrenzungen geformt wird. Der berühmte Ausdruck „Die Karte ist nicht das Gebiet“ stammt von Korzybski und wird häufig im NLP zitiert. Er drückt damit aus, dass unsere mentale Repräsentation der Realität nicht mit der Realität selbst identisch ist und dass unsere sprachlichen Beschreibungen der Welt niemals die gesamte Realität einfangen können – ein Kerngedanke, der in NLP-Methoden, die auf Sprachmustern und Wahrnehmungsrahmen abzielen, verankert ist. 1938 gründete er das "Institut für Allgemeine Semantik" in Lakeville, Connecticut, das heute in Fort Worth, Texas, ansässig ist.
Er hielt auch Vorlesungen an der Harvard-Universität, wo sein Einfluss sogar den Schriftsteller William S. Burroughs erreichte, der 1939 an einem seiner Seminare teilnahm. Korzybskis Arbeit hat bis heute nachhaltigen Einfluss auf die Philosophie und die Sprachwissenschaft.
Korzybski war ein leidenschaftlicher Verfechter der Idee, dass das Verständnis allgemeiner Semantik den Menschen helfen kann, klarer zu denken und effektiver zu kommunizieren. Um seine Ideen zu verbreiten, gründete er das Institute of General Semantics und hielt zahlreiche Vorträge und Seminare.
Alfred Korzybski verstarb am 7. März 1950 in Lakeville, Connecticut, hinterließ jedoch ein bedeutendes Erbe in der Linguistik, Psychologie und Kommunikationswissenschaft. Seine Arbeiten beeinflussen bis heute zahlreiche Disziplinen und tragen zu einem besseren Verständnis der komplexen Beziehung zwischen Sprache und Realität bei.
Neurolinguistisches Training und seine Verbindung zum NLP

Korzybski selbst verwendete den Begriff „Neurolinguistisches Training“, um Methoden zur Veränderung der Denkweise und Wahrnehmung zu beschreiben. Diese Begriffe ähneln dem späteren Konzept des Neurolinguistischen Programmierens und spiegeln eine frühe Form der Selbstreflexion und Bewusstseinsveränderung durch Sprache wider.
Die Allgemeine Semantik förderte dabei eine „bewusste Wahrnehmung der Wahrnehmung“ – also ein metakognitives Verständnis, wie wir denken und kommunizieren. NLP baut auf einer ähnlichen Annahme auf: Dass der bewusste Einsatz von Sprache und Gedankenstrukturen Veränderungen in Wahrnehmung und Verhalten ermöglicht.
In NLP ist das Konzept der „Karte“ von großer Bedeutung, da NLP-Anwender daran arbeiten, die internen Landkarten ihrer Klienten zu verstehen und gezielt zu verändern, um deren Realität und Verhalten positiv zu beeinflussen. Korzybski verstand die Sprache als eine Art symbolisches System, das immer nur einen Ausschnitt und eine Vereinfachung der komplexen Realität darstellt.
NLP-Techniken wie Reframing und das Arbeiten mit Sprachmustern zielen direkt darauf ab, die mentale „Karte“ der Menschen zu erweitern und zu verbessern.
Korzybskis Idee, dass unsere inneren Repräsentationen der Realität auf Erfahrungen basieren, findet sich in NLP-Grundannahmen wieder, die besagen, dass jede Person eine einzigartige „Landkarte“ der Welt besitzt und dass Verhaltensänderungen oft durch die Neugestaltung dieser Landkarte erreicht werden können. Ein weiteres zentrales Element der Allgemeinen Semantik ist das Verständnis von Abstraktionsebenen, das eng mit dem NLP-Modell der logischen Ebenen nach Robert Dilts verbunden ist. Korzybski unterstrich, dass Menschen auf verschiedenen Abstraktionsebenen denken und kommunizieren, und dass Missverständnisse oft entstehen, weil diese Ebenen vermischt werden.
Korzybski war auch einer der ersten Denker, der betonte, dass unsere Sprache oft Zeit und Kontext ignoriert. Er prägte den Begriff „Time-binding“, womit er die Fähigkeit des Menschen meinte, Wissen über Generationen hinweg weiterzugeben. Diese Idee der „Verbindung über die Zeit hinweg“ lässt sich im NLP wiederfinden, insbesondere in Techniken wie Timeline und Reimprinting, die es ermöglichen, Erinnerungen und Erfahrungen neu zu kontextualisieren. NLP-Methoden, die auf vergangene Erlebnisse zugreifen und diese neu interpretieren, ähneln Korzybskis Idee der Zeitstrukturen in der Sprache, indem sie aktuelle Erlebnisse neu kontextualisieren und einen neuen Rahmen für die Wahrnehmung schaffen.
Die von Korzybski entwickelte „Allgemeine Semantik“ und sein Verständnis der Struktur von Sprache sind eng mit den NLP-Modellen verbunden, die darauf abzielen, Sprache präzise und zielgerichtet einzusetzen. Das Meta-Modell von NLP hilft dabei, sprachliche Verzerrungen, Verallgemeinerungen und Tilgungen zu erkennen und bewusst zu machen – Prinzipien, die bereits in Korzybskis Werk behandelt wurden.
Ähnlich verhält es sich mit dem Milton-Modell, das auf hypnotische Sprachmuster setzt. Korzybski inspirierte das Verständnis, dass die Sprache oft vielschichtig und symbolisch ist, was NLP-Anwender nutzen, um Menschen zu helfen, Zugang zu unbewussten Ressourcen zu bekommen und neue Perspektiven zu entwickeln.
Korzybski stellte die These auf, dass Sprache, obwohl sie mächtig ist, auch begrenzend wirkt und uns von einer direkteren Wahrnehmung der Realität ablenkt. Diese Annahme, dass Sprache sowohl ein Werkzeug als auch eine Falle ist, lässt sich auf die NLP-Philosophie übertragen, die ebenfalls die Macht und die Fallstricke sprachlicher Strukturen und Überzeugungen anerkennt. In NLP wird häufig betont, dass unsere Sprache unsere Realitätswahrnehmung formt und dass durch bewusste Veränderung sprachlicher Muster neue Wege in der Persönlichkeitsentwicklung geschaffen werden können – eine direkte Reflexion von Korzybskis Erkenntnissen.
Buchtipp
Grundlegende, unverzichtbare Darstellung der Allgemeinen Semantik und wichtige Ansätze, die von späteren Autoren vernachlässigt wurden. Science and Sanity: An Introduction to Non-Aristotelian Systems and General Semantics Sixth Edition

Überbringung von Korzybskis ursprünglichen Darstellung, die die Grundlage für seine methodologische Synthese in Science and Sanity bildete. Manhood of Humanity 2nd edition
Beide Bücher sind in voller Länge zum Download im Mitgliederbereich der World of NLP verfügbar

Zusammenfassung
Ohne Zweifel ist Alfred Korzybski einer der Vordenker des Neurolinguistischen Programmierens und darüber hinaus. Sein Konzept der Allgemeinen Semantik bildet das Fundament für die spätere NLP-Entwicklung. NLP als eine Methode, die sich der Kraft der Sprache bewusst ist und darauf abzielt, persönliche Veränderung durch Sprachmuster und Perspektivwechsel zu fördern, steht in einer intellektuellen Tradition, die Korzybski stark beeinflusst hat.
Korzybskis Einfluss auf NLP verdeutlicht die tiefgreifende Verbindung zwischen Sprache und Realität, die für NLP-Anwender heute immer noch von zentraler Bedeutung ist. Seine Theorien haben das Verständnis für die Macht der Sprache erweitert und bieten eine Basis für die NLP-Philosophie, die besagt, dass Veränderung möglich ist, wenn wir die „Landkarte“ unserer Realität neu gestalten und unser Bewusstsein für sprachliche Strukturen erhöhen. Obwohl Korzybskis Bücher nicht weit verbreitet sind, haben sie zahlreiche Wissenschaftler inspiriert, sich intensiver mit den Phänomenen auseinanderzusetzen, die er beschrieben hat.
Korzybskis Einfluss auf NLP verdeutlicht die tiefgreifende Verbindung zwischen Sprache und Realität, die für NLP-Anwender heute immer noch von zentraler Bedeutung ist. Seine Theorien haben das Verständnis für die Macht der Sprache erweitert und bieten eine Basis für die NLP-Philosophie, die besagt, dass Veränderung möglich ist, wenn wir die „Landkarte“ unserer Realität neu gestalten und unser Bewusstsein für sprachliche Strukturen erhöhen. Obwohl Korzybskis Bücher nicht weit verbreitet sind, haben sie zahlreiche Wissenschaftler inspiriert, sich intensiver mit den Phänomenen auseinanderzusetzen, die er beschrieben hat.
Robert A. Heinlein, der einflussreiche amerikanische Science-Fiction-Autor, würdigte Korzybski mit den Worten: „Man kann ihn persönlich nicht mögen, aber er ist ein ebenso bedeutender Mann wie Einstein, vielleicht sogar noch mehr, da sein Wirkungskreis breiter ist. Er arbeitet auf ähnliche Weise wie Einstein, jedoch in einem viel umfassenderen Bereich, der näher an menschlichen Beziehungen liegt.“ Korzybski hatte ein tiefes Anliegen: die emotionale Befreiung der Menschen. Trotz seines Einflusses und seiner bedeutenden Erkenntnisse lebte er persönlich sehr einfach und bescheiden.